Vier Tage hintereinander zwölf Kilometer durch den Amazonas Regenwald laufen – das ist sicher kein Spaziergang. Männer und Frauen der indigenen Gemeinde Zancudo Cocha im Amazonas-Gebiet in Ecuador nahmen Ende 2017 diese Strapazen auf sich, um nach einem ausgefeilten System insgesamt 60 Kamerafallen in ihrem Territorium zu installieren. Jetzt ernten sie die Früchte ihrer Arbeit: Hunderte von teils einzigartigen Fotos und Videos dokumentieren die unglaubliche Artenvielfalt des Gebietes, darunter viele Bilder gefährdeter oder noch unbekannter Arten.

Das Monitoring-Projekt von WWF Deutschland, WWF Niederlande, WWF UK, WWF Belgien und dem ecuadorianischen Umweltministerium (MAE) startete 2016 in enger Zusammenarbeit mit der indigenen Gemeinde Zancudo Cocha im nördlichen Amazonas-Gebiet. Es ist Teil eines groß angelegten Programms zum Jaguar-Monitoring, das auch von den WWF-Büros in Peru und Kolumbien in der Gegend um den La-Paya-Nationalpark in Kolumbien und Güeppí-Sekime-Nationalpark in Peru unterstützt wird.

Zwei übergeordnete Ziele stehen dabei im Vordergrund: Zum einen soll die Artenvielfalt in dem Gebiet dokumentiert und analysiert werden, zum anderen sollen der Wald vor Wilderern und Holzfällern geschützt und Lernprozesse angestoßen werden, um die Gemeinde wieder enger mit ihrer Umgebung und dem Reichtum des Waldes zu verbinden. In den letzten Jahren steigt der wirtschaftliche Druck auf die Bevölkerung in den kleinen Gemeinden, die vor allem von Jagd, Fischfang und Landwirtschaft lebt. Wilderei und der Handel mit Buschfleisch nehmen zu. Umso wichtiger ist es, die Menschen aktiv in Schutzmaßnahmen einzubinden und so für den Schutz ihres Regenwaldes zu sensibilisieren.

Schatzkammer der Artenvielfalt

Vor ihrem Einsatz im Regenwald wurden die Menschen aus Zancudo Cocha ein Jahr lang darin ausgebildet, GPS-Punkte zu markieren, Kamerafallen zu installieren und Ausrüstung zu warten. Die Gemeinde Zancudo Cocha liegt im Cuyabeno Wildlife Reserve und hat eine Fläche von 172.000 Hektar, davon 79 Prozent noch unberührter Regenwald. Sie ist eine Schatzkammer der Artenvielfalt!

Das bestätigen auch die Bilder und Videos, die jetzt gesammelt wurden. In die Kamerafallen liefen mehr als zwanzig Arten, darunter Jaguar, Großer Ameisenbär, Puma und Kurzohrfuchs. Besonders am Bestand des Jaguars zeigt sich, wie es um die Artenvielfalt des Regenwaldes bestellt ist. Denn der nachtaktive Einzelgänger gilt als sogenannte Indikatorart: Wenn sich Jaguare in einem Gebiet wohlfühlen, ist das ein Hinweis darauf, dass es auch den anderen Arten in der Nahrungskette gut geht und das Ökosystem insgesamt intakt ist.

Der nächste Schritt wird nun sein, die gesammelten Bilder zu interpretieren und auszuwerten. Weil es über manche Arten in Ecuador, wie zum Beispiel den Kurzohrfuchs, noch zu wenige Informationen gibt, konnte ihnen bisher kein Schutzstatus zugeordnet werden. Das Monitoring mithilfe von Kamerafallen kann dabei helfen, mehr über solche Tierarten und ihre Bedürfnisse zu erfahren, so dass Kriterien für Nutzungs- oder Schutzzonen neu definiert und der Bewirtschaftungsplan der Gemeinde angepasst werden kann.

Und das Beispiel aus Zancudo Cocha macht Schule: Der Erfolg und die guten Erfahrungen der Menschen dort hat auch andere Gemeinden motiviert, sich an dem Projekt zu beteiligen. Durch diese Unterstützung können WWF und Umweltbehörde weitere Gebiete in das Monitoringprogramm einbinden und noch mehr Menschen dafür begeistern, sich für den Schutz des Amazonas Regenwaldes einzusetzen.

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