Zum ersten Mal hat der WWF Flussdelfine in Amazonien mit Peilsendern ausgestattet, um mehr über die Lebensweise der seltenen Säugetiere zu erfahren.

Um kaum ein Wesen ranken sich so viele Legenden wie um den „Boto“, den Rosa Flussdelfin des Amazonas. Gern wird erzählt, dass er nachts menschliche Gestalt annehmen kann, um die Töchter der anliegenden Dörfer zu verführen. Einige Indianer verehren ihn als Boten der Flussgötter und Wächter über das natürliche Gleichgewicht. Botos sind eine von drei Flussdelfinarten in Südamerika.

Schutzzonen für die Botos

Flussdelfin © Adriano Gambarini / WWF-Brazil
Flussdelfin © Adriano Gambarini / WWF-Brazil

Doch es ist offensichtlich, dass der Boto in den vergangenen Jahren immer seltener geworden ist. Dennoch wird er bislang auf der Roten Liste nicht als bedroht eingestuft, weil wir zu wenig über ihn wissen. Das macht es schwer, entsprechende Gegenmaßnahmen, etwa die Einrichtung von Schutzgebieten, durchzusetzen.

Der WWF will das ändern und hat deshalb ein Projekt zum Delfin- und Süßwasserschutz in fünf Ländern des Amazonasbeckens gestartet. In Brasilien ist es daraufhin im Oktober 2017 erstmals gelungen, fünf  Süßwasserdelfine mit Peilsendern auszustatten. Die Besenderung soll helfen, mehr über Verhalten, Wanderwege in Trocken- und Regenzeit sowie Bedrohungen der Tiere zu erfahren, um zielgenau Schutzmaßnahmen einleiten zu können.

Expedition zu den Regenwald-Delfinen

Roberto Maldonado vom WWF Deutschland gehörte zur Expedition im Juruena-Nationalpark, denen die Botos ins Netz gegangen sind. „Wenn man einen Flussdelfin möglichst schonend fangen will, braucht man eine akribische Vorbereitung, ein bisschen Glück und viel Geduld – einmal sogar mehr als zwölf Stunden lang!“

Danach musste alles ganz schnell gehen, um die Tiere nicht unnötig zu stressen. Die Veterinäre maßen und wogen die Delfine, scannten sie mittels Ultraschall und entnahmen Blut-, Kot-, Gewebe-, Milch- und Speichelproben. Bis auf eine Ausnahme ließen die Botos die Prozedur widerwillig, aber geduldig über sich ergehen. Die Ausnahme wurde sofort wieder freigelassen. Insgesamt konnte das Team zehn Tiere fangen. An fünf befestigten die Forscher den Sender an der verknorpelten Rückenflosse, die viel kleiner ist als bei ihren Verwandten aus dem Meer.

Nach einiger Zeit wird der rund 20 Zentimeter große Sender von allein abfallen, weil das Knorpelgewebe der Flosse ähnlich wie Fingernägel und Haar wächst und sich nach hinten abschält. Die gesamte Prozedur dauerte bei jedem Tier zwischen 30 und 50 Minuten. Danach durften die eleganten Schwimmer zurück in die Freiheit.

Schwermetall im Blut

Goldgräberschiff im Rio Tapajòs © Adriano Gambarini / WWF-Brazil
Goldgräberschiff im Rio Tapajòs © Adriano Gambarini / WWF-Brazil

Zu den Bedrohungen der Rosa Flussdelfine, die ihre rötliche Färbung erst als erwachsene Tiere annehmen, gehört aber auch der nach wie vor verbreitete Goldabbau in der Region. Die Goldwäscher leiten große Mengen Quecksilber in die Flüsse, um das Edelmetall aus dem Gestein zu waschen. Eine Methode, die nicht nur Kleinstlebewesen und Fische schleichend vergiftet, sondern auch Delfine, die am Ende der Nahrungskette stehen.

Die zuständigen Behörden beobachten die Situation mit wachsender Sorge. Nach Brasilien verbot auch Kolumbien vor einigen Monaten den Fang und die Vermarktung des Motas, eines beliebten welsartigen Speisefisches, weil bei ihm der zulässige Quecksilbergrenzwert massiv überschritten war.

Indirekt hilft das Handelsverbot auch den Delfinen, denn auch sie werden gefangen, allerdings nicht, um sie direkt zu vermarkten, sondern um ihr Fleisch als Köder für Motas oder Picarinhas, wie die Welse in Brasilien genannt werden, zu nutzen. Mit dem Fleisch eines einzigen getöteten Delfins kann ein Fischer etwa 500 Kilogramm Piracatingas fangen. Angesicht eines vermuteten Bestandes von etwa 20.000 Exemplaren ist die Fischerei eine der massivsten Bedrohungen für das Überleben der Botos.

Deshalb braucht der Flussdelfin Ihre Hilfe! Zum Beispiel für die weitere Besenderung der Delfine, um mehr über ihr Leben und ihre Wanderwege zu erfahren. Je mehr wir wissen, umso leichter ist es für uns, weitere Schutzgebiete auszuweisen und somit den Lebensraum der Botos zu schützen.

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