Am 15. November 2019 hat der Deutsche Bundestag das Bundes-Klimaschutzgesetz beschlossen. Mit dem Gesetz werden die deutschen Klimaschutzziele bis 2030 erstmals gesetzlich verbindlich festgeschrieben. Damit wurde der lange geforderte Rechtsrahmen Klimaschutz in Deutschland geschaffen. Es ist das erste Klimaschutzgesetz, das auf Bundesebene erlassen wurde. Das Gesetz dient dem Zweck, die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten.

Was wird im Klimaschutzgesetz festgelegt?

Nationale Klimaschutzziele

  • Das Gesetz schreibt das Klimaschutzziel für 2030, die Minderung der Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990, gesetzlich fest.
  • Außerdem formuliert das Gesetz das Bekenntnis, das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 zu verfolgen.
  • Die Bundesregierung ist durch das Gesetz ermächtigt, notwendige Schritte zur Erhöhung der Ziele einzuleiten, sollten zur Erfüllung europäischer oder internationaler Ziele höhere nationale Ziele notwendig sein.

Zielerhöhungen werden künftig zwingend erforderlich sein, denn noch reichen die festgelegten Ziele nicht aus, um die Verpflichtungen des Pariser Abkommens zu erfüllen.

Jährliche Emissionsmengen für jeden Sektor

Das Klimaschutzgesetz legt jährliche Emissionsziele in Form von maximalen Emissionsmengen für die einzelnen Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft gesetzlich fest. Damit gibt das Gesetz vor, in welchem Maße die Emissionen in den Sektoren bis 2030 reduziert werden müssen.  


Verantwortung der Bundesministerien für den Klimaschutz

Die Verantwortung für die Erreichung der Ziele der einzelnen Sektoren wird den jeweiligen Bundesministerien zugeschrieben. So ist das Bundeswirtschaftsministerium für die Minderungen in den Bereichen Energie und Industrie, das Bundesverkehrsministerium für die Reduktion der Treibhausgase im Verkehrsbereich, das Bundesinnenministerium für die Zielerreichung im Gebäudebereich und das Bundeslandwirtschaftsministerium für die Ziele im Landwirtschaftsbereich zuständig. Um die festgelegten Ziele zu erreichen, sind die Ministerien dafür verantwortlich, die dafür erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen. Die Wahl und Ausgestaltung der Maßnahmen liegt somit in den Händen der einzelnen Fachministerien, die so die Möglichkeit haben die geeignetsten und wirksamsten Maßnahmen für ihren Sektor einzuleiten und umzusetzen. Jedes Ministerium steht von nun an in der Verantwortung, Klimaschutz in seinem Sektor wirksam umzusetzen.

Überprüfungs- und Kontrollmechanismus

Die Emissionsdaten werden vom Umweltbundesamt jährlich für die einzelnen Sektoren ermittelt und im März des Folgejahres veröffentlicht. Durch die regelmäßigen Berichte und die Überprüfung der Daten durch den Expertenrat für Klimafragen wird der Fortschritt in Sachen Klimaschutz gemessen und unzureichende Entwicklungen aufgedeckt, etwa die Überschreitung der jährlichen Emissionsziele.
 

Nachsteuerung bei Zielverfehlung

Im Falle einer Zielverfehlung verpflichtet das Klimaschutzgesetz die Ministerien dazu, innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm aufzulegen, das die Einhaltung der Jahresemissionsmengen für die folgenden Jahre gewährleistet. Sollte ein Sektor seine Klimaschutzverpflichtungen nicht erfüllen, muss das zuständige Ministerium somit durch geeignete Maßnahmen nachbessern.

Expertenrat für Klimafragen

Als unabhängige Institution wird ein Expertenrat für Klimafragen etabliert, der die Emissionsdaten des Umweltbundesamtes und die Annahmen für geplanten Klimaschutzmaßnahmen zur Nachbesserung auf ihre Wirksamkeit überprüft. Außerdem holt die Bundesregierung eine Stellungnahme des Expertenrates zu den Annahmen der Treibhausgasreduktion ein, bevor sie Jahresziele ändert, den Klimaschutzplan fortschreibt oder Klimaschutzprogramme beschließt. Der Expertenrat soll aus fünf Sachverständigen unterschiedlicher Disziplinen bestehen.

Vorbildfunktion des Bundes

Das Klimaschutzgesetz regelt die Vorbildfunktion des Bundes, indem es das Ziel der Klimaneutralität für die Bundesverwaltung festschreibt. Bis 2030 soll die Bundesverwaltung klimaneutral organisiert werden.

Hintergrund: Im Klimaschutz klafft zwischen Ziel und Umsetzung eine große Lücke

Mit dem Klimaschutzabkommen von Paris steht die Zielmarke für den internationalen Klimaschutz völkerrechtlich verbindlich fest: die Erderhitzung soll auf deutlich unter 2°C, möglichst 1,5 Grad, begrenzt werden. Das bedeutet für alle eine Anhebung des Ambitionsniveaus. Emissionsminderungen von mindestens minus 95 Prozent im Vergleich zu 1990, ein beschleunigter Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger und eine massive Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien müssen Realität werden, um das Ziel von Paris zu erreichen. Die gravierenden Risiken jedes Zehntelgrads Temperaturanstieg für Mensch und Natur hat der Sonderbericht des IPCC nachdrücklich herausgestellt. Schon heute sind die dramatischen Auswirkungen der weltweiten Erderhitzung um ca. 1 Grad Celsius deutlich spürbar: Hitzewellen, Überschwemmungen und Extremwetterereignisse nehmen in Ausmaß und Häufigkeit schon jetzt zu – auch hier in Deutschland.


Gleichzeitig hat sich in Deutschland beim Klimaschutz fast ein Jahrzehnt kaum etwas bewegt – auch wegen der mangelnden Verbindlichkeit für Klimapolitik und die Klimaschutzziele in unserem Land. Zwischen 2009 und 2017 sind die Emissionen in Deutschland kaum gesunken. Obwohl seitdem etwas aufgeholt wurde, wird das selbstgesetzte Klimaziel für 2020 (minus 40 Prozent gegenüber 1990) laut Prognose des Umweltministeriums drastisch verfehlt. Mehrere Maßnahmenprogramme der Regierung, zum Beispiel der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz oder das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020, waren nicht in der Lage, die fehlenden Emissionsminderungen zu bewirken. Zwischen Ziel und Umsetzung klafft eine große Lücke.

Mit der nun vorherrschenden gesetzlichen Verbindlichkeit des Klimaschutzgesetzes sind die Voraussetzungen geschaffen, dass das Erreichen der Klimaziele und die Leistungen im Klimaschutz besser nachgehalten und unzureichende oder fehlende Entwicklungen nachjustiert werden. Durch die gesetzliche Bindung der Zielvorgaben für jeden Sektor, die regelmäßige Kontrolle und die vorgegebene Nachsteuerung wird klimapolitisches Handeln für die gesamte Bundesregierung nun zur Pflicht, damit wir keine weiteren 10 Jahre für den Klimaschutz verlieren.

Das Klimaschutzgesetz mit Maßnahmen füllen

Das Klimaschutzgesetz schafft die lange überfällige Verbindlichkeit für die deutsche Klimaschutzpolitik und stärkt den Standort Deutschland, weil es die politische Steuerung der Klimapolitik modernisiert, volkswirtschaftliche Ineffizienzen vermeidet und die Investitions- und Planungssicherheit für die Unternehmen erhöht. Die Zuständigkeit für die Erreichung der Klimaziele und die Hoheit über die Ausgestaltung der konkreten Maßnahmen wird in die Hände der Fachministerien gelegt und Klimaschutz zur dauerhaften gemeinschaftlichen Aufgabe der gesamten Bundesregierung gemacht.

Doch das Gesetz allein begrenzt die Erderhitzung auf 1,5°C noch nicht. Erst die rechtliche Umsetzung konkreter Klimaschutzmaßnahmen in allen betroffenen Sektoren wird dazu beitragen, CO2 in Deutschland tatsächlich einzusparen. Die rechtliche Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen in den Bereichen Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft ist für die Erreichung der Klimaschutzziele, für die zukunftsorientierte Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft und für ein gutes Leben der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland unerlässlich.

Vor diesem Hintergrund ist insbesondere die Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien als Säule der Transformation zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft vordringlich.

Wir danken der Stiftung Mercator für die Unterstützung der Arbeit des WWF zum Klimaschutzgesetz.

  • Reichtagskuppel © iStock / Getty Images Klimaschutz muss Recht bekommen

    Gesetzlich verbindliche Klimaschutzziele sind die Basis für Planungssicherheit im Transformationsprozess. Weiterlesen ...