Hochwasser ist ein natürliches Phänomen, das zum Wasserkreislauf gehört. Ergiebige Niederschläge oder Schneeschmelze in Hochwasserentstehungsgebieten führen zu erhöhten Abflüssen, die sich in den Fließgewässern sammeln. Dazu kommen jedoch menschliche Einflüsse: Durch den Klimawandel werden Extremwetter wie Starkregen immer häufiger. Gerade im dicht besiedelten Mitteleuropa können die daraus folgenden Extremhochwasser zerstörerisch sein.

Hochwasser im Biosphärenreservat Mittelelbe © Sven Guttmann
Hochwasser im Biosphärenreservat Mittelelbe © Sven Guttmann

Zur aktuellen Hochwasserlage in Deutschland

Im Januar 2024 kommt es nach wochenlangen starken Niederschlägen besonders im Norden Deutschland zu verheerenden Hochwassersituationen. Der WWF warnt davor, trotz allmählicher Entspannung der Wetterlage zur Tagesordnung zurückzukehren. „Die Schäden sind groß, und die Menschen in den betroffenen Regionen benötigen nun kurzfristig schnelle Hilfe und Unterstützung. Zugleich müssen wir uns in Deutschland auf häufigere Fluten aber auch auf vermehrte Dürreperioden einstellen. Angesichts der Klimakrise müssen nicht nur die Hochwasserschutzkonzepte auf den Prüfstand, sondern, wir brauchen ein grundsätzliches Umdenken in Sachen Wasserhaushalt“, fordert Stephan Zirpel, WWF Bereichsleitung Naturschutz Deutschland.

Es reiche nicht, Deiche zu erhöhen und andere technische Maßnahmen zu ergreifen. Die Landschaft müsse generell widerstandsfähiger gegenüber Extremwetter werden. Fundamental sei es, das Wasser in der Landschaft zu halten und zu managen.

„Wir brauchen eine Art Tempolimit für das Regenwasser“ so Stephan Zirpel. Dazu müsse die Philosophie der Entwässerung grundsätzlich in Frage gestellt werden.

Der WWF fordert, Moore und Feuchtgebiete zu renaturieren. Dies sei nicht nur ein Beitrag zum Hochwasserschutz, sondern zugleich ein Hebel zum Erhalt der Wasserressourcen und ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Klimakrise, bei gleichzeitiger Steigerung der Biodiversität.

Durch Starkniederschläge können in den Tälern der Mittelgebirge gefährliche Sturzfluten entstehen. Dies war auch die Ursache für die Hochwasserkatastrophe, die wir im Juli 2021 in einigen Teilen Deutschlands erlebten.

Hier fielen in sehr kurzer Zeit extrem hohe Mengen Regen von bis zu 200 Litern pro Quadratmeter. Viele Bäche und Flüsse stiegen dadurch fast schlagartig um mehrere Meter an, und ihre reißenden Wassermassen verursachten als extreme Überschwemmungen verheerende Schäden.

Studien zeigen, dass Starkniederschlagsereignisse auch eine Folge des Klimawandels sind, und wir davon ausgehen müssen, dass diese in Zukunft zunehmen werden. Auch die Flut in Westdeutschland ist durch die menschengemachte Erderhitzung deutlich wahrscheinlicher geworden.

Wie entsteht Hochwasser und wodurch verschärft es sich?

Es gibt verschiedene Arten von Hochwasser. Anders als bei Sturzfluten in den Mittelgebirgen gehen in den Flussniederungen im Tiefland die Hochwasser natürlicherweise in die Breite. Flüsse treten über die Ufer und überschwemmen weitläufig Auen und Niederungen. Die betroffenen Gebiete sind hier in der Regel nicht die Entstehungsgebiete des Hochwassers. Ein Sonderfall sind Hochwasser, die durch Eisstau auf zugefrorenen Flüssen entstehen können.

Die Hochwassergefahr steigt mit der Höhe des abfließenden Niederschlags, vor allem bei Extremereignissen. Sie verschärft sich aber auch durch einige menschengemachte Faktoren.

1. Hochwasser-Ursache: Mehr Starkniederschläge und häufigere Extremereignisse durch den Klimawandel

Es regnet deutlich häufiger heftig in Mitteleuropa. Ungewöhnlich starke Niederschläge kommen heute in Deutschland doppelt so häufig vor wie vor 100 Jahren. Durch die steigenden Treibhausgase in der Atmosphäre steigen die Durchschnittstemperaturen. Warme Luft kann sehr viel mehr Wasser aufnehmen, so dass auch die potenziellen Niederschlagsmengen größer sind.

Auch die atmosphärische Zirkulation wird vom Klimawandel beeinflusst. Bei uns schwächt sich vor allem der Jetstream ab, weshalb manche Regengebiete nicht mehr so schnell weiterziehen und somit über regional begrenzten Flächen deutlich mehr Niederschläge fallen als wir es kennen.

2. Hochwasser-Ursache: Auenverlust

Natürliche Überschwemmungsgebiete leisten in den Flussauen einen wichtigen Beitrag zum ökologischen Hochwasserschutz. Rund 80 Prozent der natürlichen Überflutungsflächen sind an den großen Flüssen in Deutschland jedoch verlorengegangen.

3. Hochwasser-Ursache: Flussbegradigung

Flüsse wurden durch Begradigungen und Staustufen „schneller“ gemacht.

Deshalb rast heute das Wasser in den meisten Flüssen mit viel höherer Geschwindigkeit Richtung Meer. Im Rhein etwa rauscht heute eine Hochwasserwelle in 30 Stunden von Basel nach Karlsruhe – 1955 brauchte sie dafür noch 65 Stunden.

4. Hochwasser-Ursache: Ausräumung der Landschaft und Bodenversiegelung

Der Rückhalt von Wasser in der Landschaft, im Boden und in der Vegetation ist eine wichtige Größe im Wasserkreislauf. Die Ausräumung der Landschaft, das Entwässern von Feuchtgebieten, die Bodenverdichtung auf landwirtschaftlichen Flächen vermindert diese Fähigkeit, Wasser zu halten und Extreme zu dämpfen. 

Zusätzlich versiegeln wir in atemberaubendem Tempo immer mehr Fläche. Jeden Tag verschwinden in Deutschland 100 Hektar – jede Stunde eine Fläche von fünf Fußballfeldern. Dadurch beschleunigen wir den Abfluss. Wo Regenwasser nicht mehr im Boden versickern kann, fließt es rasch oberflächlich ab oder in die Kanalisation.

Beiträge ökologischer Lösungen zum Hochwasserschutz

  • Natürliche Überflutungsflächen zurückgewinnen: Deiche zurückverlegen und Flussauen renaturieren
  • Wasserrückhalt in der Landschaft verbessern und Feuchtgebiete wiedervernässen
  • Gewässer renaturieren und den Abfluss verstetigen
  • Wassersensible Landnutzung fördern und die Versickerungsfähigkeit der Böden verbessern
  • Naturnahe Wälder aufforsten 
  • Anpassung an den Klimawandel ernstnehmen und den naturnahen Landschaftswasserhaushalt wiederherstellen
  • Bebauung von Überflutungsgebieten stoppen

Kampf gegen Hochwasser: Beispiel Elbe

Überflutete Auenwälder an der mittleren Elbe © Bernd Eichhorn / WWF
Überflutete Auenwälder an der mittleren Elbe © Bernd Eichhorn / WWF

Der WWF ist seit vielen Jahren an der Renaturierungen deutscher Flüsse beteiligt, vor allem am Rhein und an der Elbe.

Im Jahr 2001 begann der WWF an der Mittleren Elbe sein größtes Projekt in Deutschland. Flussauen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen. Ihre Lebensgemeinschaften sind auf episodische Überflutungen eingestellt.

Durch die Deichrückverlegung bei Lödderitz und die Vergrößerung der natürlichen Überflutungsfläche wird flussaufwärts die Hochwassergefahr im nahegelegenen Aken verringert.

Unterstützen Sie unsere Arbeit

Mehr Informationen

  • Überschwemmungen in Westdeutschland Juli 2021 © picture alliance ASSOCIATED PRESS Rhein Erft Kreis Ein Weckruf der Natur

    Die Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 in Deutschland zeigt: Wir müssen die Anstrengungen im Klimaschutz deutlich intensivieren. Eberhard Brandes im WWF Blog

  • Reflektionen auf einem Fluss in Neuseeland © Karin Jacobi / WWF Flüsse & Seen

    Feuchtgebiete sind unverzichtbar für unsere Trinkwasserversorgung. Zur Übersicht

  • Staudamm © Adam Oswell / WWF-Greater Mekong Freiheit für Flüsse

    Die meisten großen Flüsse der Erde sind heute in irgendeiner Form aufgestaut, verbaut oder umgeleitet. WWF-Wasserexperte Philipp Wagnitz beantwortet die wichtigsten Fragen. Zum Interview

  • Hochwasser am Rio Negro in Amazonas, Brasilien © IMAGO Fotoarena Hochwasser in Brasilien: Rio Negro tritt über die Ufer

    Der Fluss Rio Negro im Bundesstaat Amazonas führt den höchsten Wasserstand seit 1902. Mehr als 450.000 Menschen sind von der Überflutung betroffen. Weiterlesen ...