Wasser ist die wertvollste Ressource unseres Planeten – und die am meisten ausgebeutete. Trotz seiner immensen Bedeutung für Mensch und Natur wird Wasser seit jeher unterschätzt, ebenso wie die Ökosysteme, die es bereitstellen und speichern. Diese „Wasserblindheit“, das mangelnde Bewusstsein für die Bedeutung der Ressource Wasser, hat einen immensen Preis.

Die Wasserkrise führt zu Naturkatastrophen

Kirche im Hochwasser / Chiemgau © Melanie Haft / Nautilus-Film
Kirche im Hochwasser / Chiemgau © Melanie Haft / Nautilus-Film

Die Welt steht vor einer allgegenwärtigen und sich verschärfenden Wasserkrise. Eine Krise, die die Gesundheit der Menschen und des Planeten bedroht: Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, die Ernährungsunsicherheit nimmt zu, die Wasserrisiken für Landwirtschaft und Industrie eskalieren, und wir verlieren Süßwasserarten und -ökosysteme in alarmierendem Ausmaß!

Eine auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaft, Bevölkerungswachstum und Urbanisierung üben zusätzlichen Druck auf die Wasserversorgung und Süßwasserökosysteme aus, während die Klimakrise den globalen Wasserhaushalt dramatisch verändert. Am unmittelbarsten spüren wir die Folgen der Klimakrise am Wasser – Stichwort Dürre oder Starkregen. Fast drei Viertel der jüngsten Katastrophen auf unserem Planeten hatten mit Wasser zu tun.

Wir verkennen den Wert des Wassers

Fischer auf dem Mekong © Nicolas Axelrod / Ruom / WWF
Fischer auf dem Mekong © Nicolas Axelrod / Ruom / WWF

Der immense Wert, den Gesellschaften, Volkswirtschaften und Ökosysteme aus Flüssen, Seen, Feuchtgebieten und Grundwasserleitern ziehen, wird systematisch verkannt. Mehr als ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion hängt direkt von Flüssen ab: Sie bewässern landwirtschaftliche Flächen, liefern Fisch und lassen in Überschwemmungsgebieten fruchtbare Böden zurück.

Auch für die industrielle Produktion von Gütern, deren Transport auf Binnengewässern und für die Energieerzeugung ist Wasser von zentraler Bedeutung. Verkannt wird auch die regulierende Wirkung von Süßwasserökosystemen: Gesunde Feuchtgebiete puffern Überschwemmungen ab und filtern Schadstoffe aus dem Wasser.

„Der Zustand der Süßwasserökosysteme befindet sich weltweit im freien Fall. Dabei ist Wasser unsere wertvollste Ressource und gleichzeitig wirtschaftlich völlig unterbewertet. Gesunde Flüsse, Seen und Feuchtgebiete sind entscheidend für die Wasser- und Ernährungssicherheit, die Anpassung an den Klimawandel und den Schutz der biologischen Vielfalt. Darüber hinaus haben sie einen kulturellen und spirituellen Wert für das menschliche Wohlergehen.“

Theresa Schiller, Wasserexpertin beim WWF Deutschland

Was ist unser Wasser wert?

Trinkwasser aus einem Brunnen © Green Renaissance / WWF-US
Trinkwasser aus einem Brunnen © Green Renaissance / WWF-US

Genau dieses Ziel verfolgt der WWF-Bericht „High Cost of Cheap Water“. Der Bericht ermittelt erstmals den ökonomischen Wert von Wasser und Süßwasserökosystemen und kommt zu dem Ergebnis: Zusammen erbringen sie jährlich Leistungen im Wert von 58 Billionen US-Dollar (rund 55 Billionen Euro) – das entspricht 60 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Der direkte wirtschaftliche Nutzen, der unter anderem den Wasserverbrauch in Haushalten, Landwirtschaft und Industrie umfasst, macht davon mindestens 7,5 Billionen US-Dollar pro Jahr aus.

Der indirekte wirtschaftliche Nutzen von Flüssen, Seen und Feuchtgebieten, der oft übersehen wird, beläuft sich auf etwa 50 Billionen US-Dollar. Er umfasst Leistungen wie die Verbesserung der Bodengesundheit, die Kohlenstoffspeicherung und die Milderung extremer Hochwasser- und Dürreereignisse.

Die Wasser-Studie zum Download

Wasser und Süßwasserökosysteme schützen

Fluss in Pantanal © Gianfranco Mancusi / WWF Brazil
Fluss in Pantanal © Gianfranco Mancusi / WWF Brazil

Der Schutz und die Wiederherstellung gesunder Flüsse, Seen und Feuchtgebiete – unserer lebenswichtigen Süßwassersysteme, die viel zu lange unterschätzt und vernachlässigt wurden – müssen im Mittelpunkt der globalen Anstrengungen stehen. Ein Umdenken im Umgang mit Wasser und Süßwasserökosystemen ist der Schlüssel zur Lösung der globalen Wasserkrise und zur Bewältigung der globalen Natur- und Klimakrise. Kurz: Wir müssen endlich anfangen, Wasser und Süßwasserökosysteme ihrem Wert entsprechend zu behandeln!

„Wir müssen begreifen, dass Wasser nicht einfach aus dem Hahn kommt, sondern aus der Natur. ‚Wasser für alle‘ hängt von gesunden Süßwasserökosystemen ab“, erklärt Theresa Schiller. Dringend notwendig seien Maßnahmen zur Verbesserung des Wassermanagements, der Abbau schädlicher Subventionen sowie Investitionen in den Schutz und die Wiederherstellung von Süßwasserökosystemen und eine nachhaltige Wasserinfrastruktur.

Wir müssen gemeinsam handeln!

Feuchtgebiet an der Donau © Michel Gunther / WWF
Feuchtgebiet an der Donau © Michel Gunther / WWF

Bei der Bewältigung der globalen Süßwasserkrise spielt jede:r Einzelne eine Rolle, aber wirkliche Fortschritte hängen davon ab, dass wichtige Akteure dringend handeln. Lokale, nationale und transnationale Entscheidungsträger:innen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Führungskräfte aus Wirtschaft und Finanzwelt müssen die Wasserrisiken erkennen und sich für einen grundlegenden Wandel in der Art und Weise einsetzen, wie die Welt Wasser nutzt und Süßwasserökosysteme schützt.

Es ist entscheidend, Menschen zusammenzubringen, um Partnerschaften auf lokaler, regionaler und globaler Ebene zu bilden. Nur durch gemeinsame Anstrengungen können wir die vor uns liegenden Herausforderungen meistern, die Wasserblindheit überwinden und diese globale Krise für die Natur, die Menschen und unsere gemeinsame Zukunft bewältigen. 

Regierungen sollten sich der Freshwater Challenge anschließen, die auf der UN-Wasserkonferenz ins Leben gerufen wurde. Ziel der von den Staaten getragenen Initiative ist es, bis 2030 300.000 Kilometer degradierter Flüsse und 350 Millionen Hektar Feuchtgebiete zu renaturieren. Hier ist auch Deutschland gefragt!

So können Sie unsere Arbeit für gesunde Süßwasserökosysteme unterstützen

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