Großes Ziel, wenig Umsetzung

Neue EU-Industriestrategie vorgestellt: WWF fordert mehr Tatendrang von Deutschland

Klimschutz in der Industrie (c) Christopher Burns
Klimschutz in der Industrie (c) Christopher Burns

Dekarbonisierung, Emissionshandel, Kreislaufwirtschaft: Die EU-Kommission hat am Dienstag ihre überarbeitete Industriestrategie in Brüssel vorgestellt. Die neue Strategie soll Industrie und Wirtschaft auf dem Weg zu einem klimaneutralen Europa 2050 leiten und stärken, ganz im Narrativ des „European Green Deal“ von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Insbesondere liegen dabei die energieintensiven Industriezweige Zement, Stahl und Chemie im Blickfeld. Der WWF begrüßt die verstärkte klimapolitische Ausrichtung und unterstreicht, dass gerade die energieintensiven Branchen zügig auf klimaneutrale Energieträger und Rohstoffe umstellen müssen, damit Europa spätestens 2050 zu einem klimaneutralen Kontinent wird.

 

Dr. Erika Bellmann, Expertin für Klimaschutz & Energiepolitik beim WWF, sagt:

„Die Industriestrategie hat das richtige Ziel. Klimaschutz und Klima-Neutralität spielen eine große Rolle in der Strategie. Jetzt gilt es, die Instrumente einzuführen, mit denen die EU-Kommission diese Ziele erreichen will. Das Ziel der Klimaneutralität bedeutet eine vollständig ressourceneffiziente und klimaneutrale Industrie und eine echte Kreislaufwirtschaft. Das heißt, dass Änderungen in kleinen Schritten an bestehenden Prozessen und Systemen nicht mehr ausreichen. Die Strategie muss Investitionen zur raschen Umstellung auf CO2-freie Technologien fördern und neue Märkte für nachhaltige Produkte schaffen, um die Klimaneutralität rechtzeitig zu erreichen.“

 

Von der Bundesregierung erwartet Bellmann mehr Einsatz: „Die Gestaltung einer wirksamen Industriestrategie liegt auch in den Händen der Bundesregierung. Doch diese bleibt bisher in einer passiven Rolle. Dabei fordert selbst die deutsche Industrie mehr Engagement von der Bundesregierung bei der Gestaltung. Viele der industrie-relevanten Politikinstrumente werden auf EU-Ebene ausgestaltet, wobei die Bundesregierung sich in letzter Zeit nicht positioniert. Diese Zurückhaltung bei EU-weiten Maßnahmen ist nicht nachvollziehbar und muss sich schnellstmöglich hin zu einer pro-aktiven Gestalterrolle verändern. Insbesondere muss sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Mittel aus dem EU-Innovationsfonds gezielt in die Förderung von Investitionen in klimaneutrale und ressourceneffiziente Prozesse gelenkt werden. Der EU-Emissionshandel muss reformiert werden, um CO2-Preise mit Lenkungswirkung abbilden zu können. Die Industriemaßnahmen müssen durch einen robusten Just Transition Mechanism flankiert werden.“

 

Weitere wichtige Instrumente können sowohl auf der EU-Ebene als auch national eingeführt werden. Der WWF unterstützt Klimaverträge (Carbon Contracts for Difference), die durch eine Klimaumlage auf emissionsintensive Materialien robust gegenfinanziert werden können. Eindeutige und verpflichtende Vorgaben im Green Public Procurement (Berücksichtigung aller Umweltaspekte) sowie Quoten, Normen und Standards müssen die Nachfrage nach emissionsarmen und ressourceneffizienten Produkten treiben. Besonders wichtig ist die Ausgestaltung des Rechtsrahmens für Wasserstoff und für CCS/CCU sowohl national als auch in Bezug auf EU-Regulierung.

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