Meeresschutz eingefroren

Schutzgebiet im antarktischen Weddellmeer gescheitert

Adeliepinguine © Michael Poliza
Adeliepinguine © Michael Poliza

Die Ausweisung von riesigen Meeresschutzgebieten im antarktischen Südpolarmeer ist gescheitert. Die Jahreskonferenz der zuständigen internationalen Antarktis-Kommission (CCAMLR; Kommission zur Erhaltung lebender Meeresschätze der Antarktis) im australischen Hobart endete, ohne dass besonders wertvolle und sensible Regionen des Südpolarmeers mit seiner Tierwelt dauerhaft unter Naturschutz gestellt wurden.

 

Deutschland hatte einen Vorschlag für ein Meeresschutzgebiet im Weddellmeer, das mit mehr als 1,8 Millionen Quadratkilometern etwa fünf Mal so groß wie die Bunderepublik sein soll, ausgearbeitet und mit Hilfe der EU eingebracht. "Es ist eine gewaltige Enttäuschung. Die Natur im Weddellmeer zu schützen ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Die Fischereiflotten haben es bisher weitgehend verschont, weil große Teile des Gebiets noch ganzjährig mit Eis bedeckt sind. Schmelzen die Eismassen in Folge der Erderhitzung, ist der Weg für die kommerzielle Fischerei frei. Wir laufen Gefahr eine der letzten unberührten Regionen des Ozeans zu verlieren. Der Druck durch Fischerei, Schifffahrt und Klimawandel nimmt ständig zu", so Heike Vesper, Leiterin Meeresschutz beim WWF Deutschland.

"Deutschland und die EU hatten einen guten, wissenschaftlich fundierten Schutzgebietsvorschlag auf den Tisch gelegt, der zwischen den Fischereiinteressen einzelner Mitgliedstaaten zerrieben wird. Im nächsten Jahr muss die CAMLR-Kommission endlich Handlungsfähigkeit beweisen und Schutz für das Wedellmeer in Kraft setzen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich noch intensiver für ihren Vorschlag ins Zeug zu legen und zu verhindern, dass das Gebiet filetiert wird. Das östliche Gebiet des Weddellmeers ist in Teilen eisfrei und wird schon befischt, gerade hier drängt die Zeit." Im Rahmen der Verhandlungen wurde vorgeschlagen, den Gebietsteil östlich des Nullmeridians auszusparen und dort noch einige Jahre wissenschaftliche Untersuchungen vorzunehmen, bevor erneut über den Schutz dieser Region verhandelt wird. "Hier werden vermeintliche wissenschaftliche Wissenslücken als Deckmantel für andere Interessen vorangebracht. Das östliche Weddellmeer ist ein Juwel, das Schutz dringend nötig hat", so Vesper weiter. Ohne den östlichen Teil würde das geplante Schutzgebiet um etwa ein Viertel verkleinert.

 

Neben dem Vorschlag für ein Schutzgebiet im Weddellmeer standen auch Vorschläge für weitere Schutzgebiete westlich der antarktischen Halbinsel und in der östlichen Antarktis zur Abstimmung. Die 24 CCAMLR-Vertragsstaaten und die EU konnten bei keinem der drei Gebiete Einigung erzielen. Bereits 2009 hatte die CAMLR-Kommission beschlossen, ein Netzwerk von Meeresschutzgebieten rund um den antarktischen Kontinent einzurichten. 2016 wurden im Rossmeer 1,55 Millionen Quadratkilometer Meeresfläche unter Schutz gestellt.

 

Hintergrund:

Das Weddellmeer ist Lebensraum und wichtiges Nahrungs-, Brut-, und Aufzuchtgebiet für eine Vielzahl an marinen Arten:

 

- über 300.000 Paare des Antarktischen Sturmvogels (Thalassoica antarctica) brüten in den Küstengebieten der Region, mehr als die Hälfte des weltweiten Bestands;

- die Region beherbergt insgesamt 15 Kolonien von Kaiserpinguinen (Aptenodytes forsteri) mit mehr als 80.000 Brutpaaren; dies entspricht ca. einem Drittel der weltweiten Population;

- alle 6 in der Antarktis vorkommenden Robbenarten sind auch im Weddellmeer beheimatet: Antarktischer Seebär (Arctocephalus gazella), Weddellrobbe (Leptonychotes weddellii), Rossrobbe (Ommatophoca rossii), Krabbenfresserrobbe (Lobodon carcinophaga), Seeleopard (Hydrurga leptonyx), und Südlicher See-Elefant (Mirounga leonina);

- mindestens 12 Wal-Arten nutzen die Region als Nahrungsgebiet, u.a. - Bartenwale: Blauwal, Zwergblauwal, Antarktischer Zwergwal, Buckelwal & Zahnwale: Pottwal, Schwertwal, Südlicher Entenwal, Schwarzwal, Grindwal, Stundenglasdelfin;

- über 14.000 am Meeresboden beheimatete marine Arten werden in der Region vermutet.

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WWF Presse-Team